Gestern fand der erste Elternabend an Lavandas zukünftiger Schule statt. Meine Jacke riecht noch nach Lagerfeuer, denn darum saßen Gestern fand der erste Elternabend an Lavandas zukünftiger Schule statt. Meine Jacke riecht noch nach Lagerfeuer, denn darum saßen wir mit den anderen Eltern und Lehrern gestern Abend, um uns kennenzulernen und auszutauschen. Ja – wir haben uns nach langem hin und her für eine kleine Freie Waldorfschule für Lavanda entschieden und ich bin gerade sehr glücklich über diese Entscheidung und voller Vorfreude auf alles, was uns da so erwartet. In diesem Artikel möchte ich dir ein bisschen von der Schule erzählen und von den Gedanken zur Schulwahl, die wir uns in den letzten Jahren gemacht haben.
Schule oder Freilernen?
Wenn du diesen Blog schon länger verfolgst, weißt du bestimmt, dass mein Mann und ich uns schon seit vielen Jahren sehr für das Thema freies Lernen interessieren. Wir sind überzeugt davon, dass ein Kind von Natur aus wissbegierig und lernwillig ist und dass es eigentlich sowieso die ganze Zeit über spielerisch und mit Freude lernt. Doch wenn einem Kind dann irgendwann Druck gemacht wird, kann es sehr schnell vorbei sein, mit der Lernfreude.
Wir sehen daher das Schulsystem sehr kritisch und hätten es lieber, wenn unsere Kinder in ihrem eigenen Tempo und frei entscheiden könnten, was und wann sie lernen. Lavanda hat sich ja zum Beispiel schon sehr früh für Buchstaben interessiert. Wir haben dann verschiedene Spiele besorgt, zum Beispiel ein Holzbuchstabenpuzzle, mit dem sie Wörter legen konnte oder ähnliches. Siehe auch mein Artikel: Wie Kinder spielerisch lesen und schreiben lernen. So hat sie sich in den letzten Jahren ganz selbstständig und ohne Druck das Lesen und Schreiben beigebracht, liest heute ihrer kleinen Schwester schon ganze Bücher vor und schreibt Geburtstagspostkarten für ihre Freunde.
In meinem Artikel Was heißt eigentlich freilernen? habe ich vor einem Jahr geschrieben (und sehe es immer noch so):
„Wie wir es machen, wenn unsere Kinder ins Schulalter kommen, ist noch offen. Für mich gehört zu Freilernen jedoch Gemeinschaft. Ich kann mir nicht vorstellen, meine Kinder in einer Umgebung schulfrei zu lassen, in der alle anderen Kinder jeden Morgen zur Schule gehen. Außerdem möchte ich weder versteckt leben noch mit den Behörden kämpfen.“
Auswandern fürs Freilernen?
Viele Familien wandern aus diesem Grund aus Deutschland aus oder melden sich reisend. Das haben wir auch immer wieder überlegt. Aber Fakt ist, dass wir merken, dass es aktuell bei uns (noch) nicht dran ist. Ich möchte nicht auswandern als „Flucht“ vor der Schulpflicht. Auswandern kommt für mich dann in Frage, wenn es mich wirklich voller Freude in ein anderes Land zieht! Und dann brauche ich da auch einen Ort, an dem ich mich wirklich wohl fühle, eine Freilerner Community usw. Und beruflich/finanziell muss es natürlich auch machbar sein. Aktuell fühlen wir uns aber hier im Odenwald sehr wohl, genießen die Natur, den Wald und dass die Großfamilie zumindest innerhalb weniger Stunden erreichbar ist. Deshalb war Auswandern aktuell noch keine Option für uns.
Welche Schule?
Nachdem also absehbar war, dass wir vorerst hier wohnen bleiben, erkundigten wir uns über die verschiedenen Schulen in der Umgebung. Und da gab es mehrere Möglichkeiten: die örtliche Grundschule, Montessori, Waldorfschule, freie Schule, staatliche Grundschule montessori inspiriert und eine freie Schule in Gründung. Diese wird jedoch erst im nächsten Jahr starten.
Ihr könnt es euch sicher denken. Keine leichte Entscheidung! Ich war zwar selbst als Kind auf einer Waldorfschule, jedoch hieß das für mich nicht unbedingt, dass meine Tochter auch dorthin kommen würde.
Und verschiedene Fragen wälzte ich monatelang im Kopf hin und her: Ist es wichtiger, dass die Schule zu Fuß erreichbar ist und alle neuen Freunde im Ort wohnen? Oder ist die Art der Schule wichtiger?
Irgendwann konnte ich loslassen und die Entscheidung einfach auf später verschieben. „Es wird sich alles irgendwie klären“, sagte ich mir. Und so war es.
Der Infoabend an der örtlichen Grundschule sagte uns gar nicht zu, die andere Grundschule, die in Frage gekommen wäre, hatte keine freien Plätze mehr. So erweiterten wir unseren Such-Radius noch einmal und stießen wieder auf diese kleine junge Waldorfschule, die es nun letztlich werden wird!
Unsere Gründe für diese Waldorfschule
Waldorfschule ist nicht gleich Waldorfschule. Das erzähle ich schon seit Jahren, wenn mich jemand nach meiner Meinung zu Waldorfschulen fragt. Durch meinen großen Freundeskreis an ehemaligen Waldorfschülern aus ganz Deutschland, die ich durch die drj kennengelernt habe, habe ich schon vor vielen Jahren die Unterschiede der verschiedenen Waldorfschulen mitbekommen. Natürlich kommt es wie immer auch zu einem großen Teil auf die Lehrer an. Aber auch auf das Alter der Schule, auf das Konzept und einfach die ganze Schulgemeinschaft.
Deshalb sagte ich früher auch immer „es kommt darauf an“, wenn mich jemand fragte, ob ich meine Kinder auch in die Waldorfschule schicken würde. Und ja – es kommt wahrlich drauf an! 🙂
Deshalb möchte ich hier auch nicht generelle Gründe auflisten, die für oder gegen eine Waldorfschule sprechen, sondern einfach unsere persönlichen Gründe nennen, die für genau diese Waldorfschule sprechen, die wir jetzt für unsere Tochter ausgewählt haben.
Was uns besonders gefällt:
- Die Schule ist klein und dadurch familiär, es werden im August nur 7 Kinder eingeschult. ?
- Deshalb gibt es statt Klassenjahrgangsgemischten Unterricht in Lerngruppen, sodass zum Beispiel im Hauptunterricht die 1. und die 2. Klasse zusammen lernen werden (insgesamt 17 Kinder).
- Der Ort und die Umgebung sind ein Traum. Direkt hinter der Jurte (!) und dem Schulgelände sind Wiesen und Wald. Es wird viel Wert auf Naturerfahrungen gelegt. Es gibt einen Schulgarten, Bienen, Schafe und Pferde, mit denen die Kinder den Schulacker bearbeiten. Außerdem soll es wohl einen festen Wandertag pro Woche geben, was ich total toll finde.
- Der Schulalltag beginnt entspannt um 8:30 und endet um ca. 13 Uhr (in den ersten Schulwochen vermutlich kürzer).
- Die Schule wurde erst vor knapp 3 Jahren gegründet, ist also noch im Wachsen und Enstehen, was viel Spielraum und Flexibilität mit sich bringt und natürlich Möglichkeiten, sich einzubringen.
- Ein wichtiger Gründungsimpuls war es dort, eine „zeitgemäße“ Waldorfschule aufzubauen. Neueste Impulse aus der Pädagogik und die Ergebnisse der modernen Hirnforschung über das Lernen wurden in das Schulkonzept mit einbezogen (Gerald Hüther, Manfred Spitzer…). In ihrem Flyer schreiben sie zum Verständnis der Handlungspädagogik: „Wir gehen davon aus, dass Kinder im Grundschulalter alles nötige Wissen im Tun, d.h. im Spiel und in der Arbeit mit sinnvoll tätigen Erwachsenen lernen können.“
- Die Lehrer sind sympathisch, authentisch und scheinen wirklich Spaß an ihrer Arbeit zu haben. Der Klassenlehrer schaffte es schon beim Aufnahmegespräch ganz wunderbar eine Beziehung zu unserer Tochter aufzubauen, sodass sie schon jetzt darauf freut, ihn wiederzusehen.
Fazit
Wir haben wirklich ein gutes Gefühl bei dieser Schule und freuen uns jetzt richtig darauf, dort Teil der wachsenden Gemeinschaft zu werden. Als wir beim Elternabend gestern am Lagerfeuer von zwei barfüßigen Lehrern begrüßt wurden, mit den Worten, dass wir jetzt erstmal den erwachsenen Ernst ablegen sollten und ganz frei und kindlich mit einem kleinen Spiel beginnen würden – spätestens da wusste ich: Es war eine gute Entscheidung! 🙂
Ich bin also gespannt und voller Vorfreude und werde gerne in ein paar Monaten mal ein Update geben, wenn ihr wollt.
Ein wirklich guter Beitrag.
Bei uns ging es genau in die andere Richtung. „Die ganz normale Grundschule im Dorf“ ist das Ergebnis. Und zwar aus ähnlichen Gründen, wie bei dir: Es kommt immer total auf die Lehrkräfte an. Und unsere Erfahrung bisher war, dass die Chancen bei allen Schulen im Umkreis ungefähr gleich stehen, gute Lehrer*innen zu bekommen.
Also sprachen die anderen Randfaktoren – er kennt die Schule schon aus der Vorschule, er kennt viele Kinder dort, sein Schulweg ist ohne Gefahren zu Fuß machbar, er mag die Lehrerinnen und Lehrer – für die Grundschule im Dorf.
So unspektakulär das Ergebnis war, so intensiv war die Entscheidungsfindung.
Hallo,
bei uns steht diese Entscheidung noch aus und ich frage mich wie ich das Hinbringen und Abholen gestalten kann, da alle interessanten Schulen (Montessori/ Freie Schule) knapp 30 km entfernt sind?! öffentliche Verkehrsmittel fahren bei uns nur zu den staatlichen Grundschulen. Ist es vertretbar einem Grundschulkind eine Stunde Fahrzeit am Tag zuzumuten? Wie weit ist eure Schule entfernt und wie werdet ihr das handhaben?
Liebe Grüße
Philine
Hallo Philine, unser Großer ist Morgenmuffel. Ihm täte das definitiv nicht gut. Aber das ist wohl sehr individuell. Herzliche Grüße, Katharina
Wir fahren auch ca. eine halbe Stunde pro Strecke. Ist nicht so toll, ja. Aber uns allen ist es das aktuell wert. Es käme aber ggf. auch mal ein Umzug in die Nähe für uns in Frage. Da die Schule erst um 8:30 Uhr beginnt, müssen wir zum Glück nicht allzu früh aufstehen.
Das hört sich total gut an.
Ich kann dich total verstehen, dass man selbst als Waldorfkind nicht unbedingt die eigenen Kinder an jede Waldorfschule schicken möchte. Schule ist nicht gleich Schule, viele Faktoren spielen eine Rolle, die Lehrer, das Kollegium und auch die aufgeschlossenheit der Schule – hängt sie an ihren Dingen fest oder ist sie auch offen für neues… und da ist es ganz egal, ob es sich um eine Waldorfschule oder eine staatliche Grundschule handelt.
Ich wünsch euch ein frohes Starten in das Leben mit Schulkind.
Julia