Viele Familien, die kindergartenfrei leben, wünschen sich mehr Gemeinschaft mit Gleichgesinnten. Deshalb freut es mich sehr, mit diesem Gastartikel Helen Mültner zu Wort kommen zu lassen. Sie hat das miterschaffen, wovon viele Familien noch träumen: Ein Familiendorf, in dem sich mehrere Familien gegenseitig bei der Kinderbetreuung unterstützen und einen Raum schaffen, für gemeinsame Aktivitäten und Austausch: Eine Gemeinschaftliche Kinderbetreuung (GeKi).

gemeinschaftlichen Kinderbetreuung
In der gemeinschaftlichen Kinderbetreuung schließen sich Familien für die Begleitung ihrer Kinder zusammen

Gastartikel

Ich heiße Helen Mültner, bin Mutter von drei Kindern und lebe Kitafrei, aber in einem Kollektiv aus mehreren Familien. Ich bin Krippen-Verabscheuerin und Eingewöhnungs-Geschädigt. Ich weiß, dass es tolle Konzepte, wunderbare Pädagog*innen und geniale Kitas gibt. Mir persönlich taugt es trotzdem nicht, meine Kinder, nach einem kurzen Ankommen, bei fremden Menschen zu lassen. Mir fehlt die Bindung zur Institution, die Nähe zu den Erzieher*innen und die Teilhabe am Alltag meiner Kinder.

Was ist eine gemeinschaftliche Kinderbetreuung (GeKi)?

In einer gemeinschaftlichen Kinderbetreuung schließen sich Familien zusammen, um sich bei der Begleitung der Kinder zu unterstützen und sich dadurch gegenseitig zu bereichern.

2019 war ich Mitbegründerin der gemeinschaftlichen Kinderbetreuung „Familiendorf“ in Würzburg. Diese wurde nach dem afrikanischen Sprichwort: „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen“ benannt und bestand zwischenzeitlich aus zehn teilnehmenden Familien.

Für meine Familie ist das Familiendorf die ideale Art, unseren Alltag zusammen zu leben. Ich habe die Möglichkeit, mit meinen Projekten voranzukommen, bleibe aber für meine Kinder greifbar und erlebe hautnah wie sie ihren Vormittag verbringen.

Doch vielen Familien ist die Option eine GeKi ins Leben zu rufen unbekannt. Um dies zu ändern, schrieb ich das Buch: „Gemeinschaftliche Kinderbetreuung. Gründen & Betreiben.“ (Affiliate-Link) und gebe dir in diesem Gastbeitrag einen Einblick in das Thema, damit du herausfinden kannst, wie dein Kind die ersten Lebensjahre begleitet werden soll: Kita, Kitafrei oder GeKi?

Kita, Kitafrei oder Geki?

Viele Familien leben im ersten Lebensjahr des Kindes „Kitafrei“. Die Eltern kümmern sich eigenverantwortlich um ihr Kind. Später wechseln die meisten, in eine Kita (oder zu einer Tagespflegeperson). Dabei handelt es sich um Einrichtungen, welche staatlich gefördert werden und Auflagen einhalten müssen. Die Betreuung der Kinder übernehmen ausgebildete Fachkräfte.

Familien, die an gemeinschaftlichen Kinderbetreuungen teilnehmen, beanspruchen hingegen keinen Kita-Platz. Im Unterschied zu Kitafrei werden die Kinder aber in einer festen Kindergruppe betreut. Die Begleitung übernehmen die Eltern gemeinsam oder im Wechsel. Unter Begleitung fasse ich Bespaßung, Hilfestellungen, Streit schlichten und Trösten zusammen.

Im Gegensatz zur Kita bleiben die Eltern greifbar, weshalb das Kind zum eigenen Elternteil gehen kann, wenn es Trost wünscht oder kuscheln möchte.

Gestaltungsmöglichkeiten der GeKi

Gemeinschaftliche Kinderbetreuungen benötigen meistens keine staatliche Genehmigung und können deshalb unterschiedlich gestaltet sein, wie die folgenden Ausführungen verdeutlichen:

  • Häufig begleiten zwei Eltern die Kindergruppe, während die übrigen anderen Aufgaben nachgehen. Alternativ ist es denkbar, dass nur eine Person die Gruppe betreut, jeder sein Kind selbst begleitet oder Ehrenamtliche unterstützend tätig sind.
  • Die Aufsichtspflicht verbleibt in der Regel bei den Eltern, nur in wenigen GeKis ist es möglich, das Kind ‚abzugeben‘.
  • Manche Kinder wechseln mit drei Jahren in eine Kita, andere besuchen die GeKi bis zur Schule.
  • Ein Teil der Eltern wünscht keine Begleitung des eigenen Kindes durch andere Eltern, sondern bleibt die ganze Zeit bei der Kindergruppe, andere Eltern wünschen dringend Entlastung und Unterstützung.

Unter den Teilnehmer*innen der GeKi wachsen Freundschaften. Es entstehen Unterstützungsnetzwerke und tragfähige Beziehungen.

Kinder lieben GeKis, weil…

… sie die Welt erkunden können, während ihr sicherer Hafen in der Nähe ist.

… sie Sicherheit erleben, da die Erwachsenen sich gut kennen und einander vertrauen.

… sie so viel Zeit zum Ankommen haben, wie sie benötigen.

… sie sich in einer überschaubaren Kindergruppe bewegen.

… GeKis Zusammenhalt und Nähe schaffen.

Für mich ist es von besonderer Bedeutung, dass durch die GeKi die Anzahl der Bezugspersonen des Kindes wächst, was dessen Vertrauen in die Welt stärkt.

Elternteams und Rockzipfel-Initiativen

Die bekanntesten Formen der gemeinschaftlichen Kinderbetreuung sind Elternteams und Rockzipfel-Initiativen.

Elternteams gehen zurück auf Nicola Schmidt, welche den Begriff „Mütterteams“ in die Welt trug. Hierbei schließen sich mehrere Familien zusammen. An festen Wochentagen treffen sie sich im Wechsel bei den Teilnehmern zu Hause. Dabei wird dem Gastgeber Freiraum verschafft, während die Übrigen die Kinder betreuen und gemeinsam den Haushalt stemmen.

Meistens besteht diese Form der gemeinschaftlichen Kinderbetreuung, bis die Kinder mit drei Jahren in den Kindergarten wechseln. Nach Nicola Schmidt ist es sinnvoll, wenn die Familien nahe beieinander wohnen, damit später das Unterstützungsnetzwerk tragfähig bleibt und die Kinder sich leichter gegenseitig besuchen können.

Bei Rockzipfel-Initiativen steht die Berufstätigkeit der Eltern im Vordergrund. Üblicherweise tragen die Erziehungsberechtigten weiterhin die Verantwortung für das eigene Kind. Ausschließlich die Bespaßung wird von Ehrenamtlichen oder Elterndiensten übernommen. Die übrigen Eltern gehen vor Ort ihrem Beruf nach.

Fokus auf Gemeinschaft

Bei uns im Familiendorf hingegen liegt der Fokus auf der Gemeinschaft. Natürlich schafft uns die gegenseitige Betreuung der Kinder Freiräume, aber diese nutzten wir nicht nur zum Arbeiten, sondern auch zum Austauschen und Vernetzen mit den anderen Mitgliedern.

In GeKis kannst du…

… für Prüfungen lernen (Studium, Weiterbildung, Fortbildung).

… an Projekten arbeiten (Selbstständige, digitale Nomaden).

… deinem Beruf nachgehen (Homeoffice).

Elternzeit genießen.

Selbstfürsorge betreiben (Hobby, Meditation, Lesen,…).

… dein Kind beim Aufwachsen begleiten (Arbeitszeitteilung mit Partner*in).

Eine Geki gründen

Klingt das interessant und möchtest du eine eigene gemeinschaftliche Kinderbetreuung ins Leben rufen?

Dann überlege dir als ersten Schritt, wann die GeKi starten soll. Ein halbes Jahr Vorlaufzeit ist realistisch, um alles nötige zu planen und den Rest kreativ zu lösen.

Es ist sinnvoll, dass du dir anschließend Gedanken machst, wie diese Betreuung grob gestaltet sein soll. Was ist dir wichtig? Brauchst du Räumlichkeiten oder ist es möglich, auf einem Spielplatz zu starten? Reichen dir zwei GeKi-Tage in der Woche, oder wären vier ideal? Welcher Betreuungszeitraum schwebt dir vor? Nachmittags, vormittags oder ganztägig?

Suche dann nach Teilnehmer*innen. Ihr werdet gemeinsame Entscheidungen treffen, ein paar alte Ideen über Bord werfen und neue Lösungen entwickeln. Aber zu einer GeKi gehören andere Menschen, weshalb es wichtig ist, Kompromisse zu finden. Verliere dabei nicht aus dem Blick, was für dich nötig ist, um glücklich zu sein!

Vergiss außerdem nicht den Zeitpunkt, an dem du starten wolltest. Es ist entscheidend an diesem Tag ins „Tun“ zu kommen. Vielleicht beginnt ihr mit einem GeKi-Tag pro Woche oder ihr startet bei dir zu Hause, aber fangt an! (Falls ihr nur zu zweit seid, dann ist das bei der aktuellen Corona-Situation überhaupt kein Nachteil!)

Buch: „Gemeinschaftliche Kinderbetreuung. Gründen & Betreiben.“

Wenn du dir Begleitung auf dem Weg zur eigenen GeKi wünschst, dann kann ich dir mein Buch: „Gemeinschaftliche Kinderbetreuung. Gründen & Betreiben.“ (Affiliate-Link) ans Herz legen. In diesem gehe ich unter anderem der Frage nach, welche rechtlichen Auflagen eingehalten werden müssen, gebe vielfältige Impulse zur Verwirklichung deiner GeKi und berichte von meinem persönlichen Erfahrungsschatz.

Was denkt ihr über die gemeinschaftliche Kinderbetreuung? Würde euch so ein Familiendorf auch gefallen? Oder habt ihr das vielleicht sogar schon selbst umgesetzt? Berichtet gerne in den Kommentaren, sodass sich andere Familien von euren Erfahrungen inspirieren lassen können.

Gemeinschaftliche Kinderbetreuung (GeKi) als Alternative zu Kita und Kindergarten

16 Kommentare zu „Gemeinschaftliche Kinderbetreuung (GeKi) als Alternative zu Kita und Kindergarten

  • 2024-04-22 um 10:04 Uhr
    Permalink

    Einfach großartig wenn es Menschen tun!!!

    Antworten
    • 2024-04-22 um 11:15 Uhr
      Permalink

      Welch wunderbaren Worte und welch wunderbaren Weg, mit Herausforderungen und Hürden und dich mit einem Herzensziel, den du gegangen bist!
      Wenn nicht für unsere Kinder, für wen dann!

      Ich selbst bin seit Ende Oktober 23 Mama eines aufgeweckten Bub geworden und war Erzieherin in der Krippe (kurzzeitig) und habe einige herzzerreißende und dramatische Momente in der Krippe erlebt. (Eingewöhnung , Trennung und co) wodurch es für mich absolut keine Option ist meinen Sohn dorthin zu geben, um dann andere Kinder zu betreuen.

      Eine Lösung darf her. Neben kitafrei. Denn es soll ja eine Gemeinschaft wachsen und nicht auf Einzelkämpfern hinauslaufen. Getreu dem Motto „Es braucht ein Dorf, um ein Kind zu erziehen!“

      Das Universum schickte mir diesen Beitrag zur rechten Zeit. Danke an Sophie für die Impulswoche (mal kurz so am Rande:))
      Denn eine bekannte Mami und ich denken über die Gründung einer Gemeinschaft/Verein/Betreuung intensiv nach und dann dieser Beitrag. Das Buch dazu würde uns natürlich noch unterstützen, um aus Erfahrungen schöpfen zu dürfen.

      Danke für deinen Pioniersgeist!

      Antworten
      • 2024-04-22 um 21:50 Uhr
        Permalink

        Das klingt sehr interessant! Eine Freundin und ich haben schon seit 2022 so eine ähnliche Idee. Nur wollten wir gern ein Haus mit Grundstück. Dort wollten wir Kurse, gemeinsamen Mahlzeiten, Entspannungsraum, Badezimmer, usw. anbieten. Bisher scheitert es am Finanziellen und an den Immobilien.
        Aber wir träumen und hoffen weiter.
        Da wäre das Geki-Konzept erstmal eine prima Alternative! Wir sind schon um die 20 KitaFrei Familien und könnte mir vorstellen, daß wir so etwas irgendwie hinbekommen könnten. Liebe Grüße

  • 2024-04-22 um 10:08 Uhr
    Permalink

    Oh so cool! Danke für deinen Beitrag hier und all die Infos, genau jetzt wo sich in meinem Umkreis fünf Kita frei Familien gefunden haben, mit denen wir eine gemeinschaftliche Kinder Betreuung organisieren wollen. 🙂

    Antworten
    • 2024-04-22 um 12:08 Uhr
      Permalink

      Ich wünsche mir, dass ich bis zum Kindergartenalter meines Kindes ein Kleines Netzwerk habe und würde auch gerne sowas gründen.
      Schön zu lesen wo das schon klappt.

      Antworten
  • 2024-04-22 um 10:27 Uhr
    Permalink

    Das klingt sehr toll mit der gemeinschaftlichen Betreuung! Ich würde mich sehr über das Buch und noch mehr Inspiration darüber freuen!
    Michèle

    Antworten
  • 2024-04-22 um 10:44 Uhr
    Permalink

    Das klingt ja spannend. Schade, dass ich nicht mehr in Würzburg wohne 😉 Tatsächlich kenne ich aktuell kaum Familien, in denen die Kinder nicht in die Kita gehen, deshalb wäre es spannend, in diese Richtung zu recherchieren und sich zu vernetzen. Danke für den Impuls.

    Antworten
  • 2024-04-22 um 10:47 Uhr
    Permalink

    Liebe Helen, so etwas in der Art schwebt mir auch schon lange vor. Mein Kleiner wird in Kürze 3 Jahre alt und wir sind auch kitafrei, weil wir die Betreuung nicht in fremde Hände geben wollen, am Alltag des Kindes teilhaben möchten und ihn bindungsorientiert begleiten wollen. Ich hatte gedacht, dass es vielleicht möglich ist, sich privat mit wenigstens 5 Familien zusammenzuschließen und jede der Familien betreut an 1 Tag in der Woche alle Kinder, sodass die jeweils anderen ihren Aufgaben nachgehen können. Bis jetzt ist es mir leider nicht gelungen, in meiner Gegend entsprechende Familien zu finden, die auch noch nah genug beieinander wohnen. Aber auch das kriegen wir noch hin 🙂
    Schön zu sehen, dass es auch andere Menschen gibt, die ähnlich denken und es schon erfolgreich umgesetzt haben. Dankeschön für deine Ideen.
    Herzliche Grüße, Julie

    Antworten
  • 2024-04-22 um 12:50 Uhr
    Permalink

    Vielen Dank für die Vorstellung des Konzeptes einer GeKi. Das finde ich total spannend und hoffe, hier bei uns andere gleichgesinnte Familien zu finden, die gerne mitmachen wollen. Von den Mütterteams habe ich im artgerecht-Buch gelesen und fand da die Idee schon richtig klasse. Selbst eine GeKi zu gründen, stelle ich mir durchaus herausfordernd vor (wäre ja viel einfacher, wenn es jemand anderes macht ;)), aber ich denke, es ist wichtig in die Eigenverantwortung und ins Handeln zu kommen, von daher würde ich mich sehr über das Buch freuen. Liebe Grüße!

    Antworten
  • 2024-04-22 um 14:05 Uhr
    Permalink

    Der Blogbeitrag hat mich inspiriert Kita-frei zu leben, nun möchte ich mit einer GeKi starten. Im Taschenbuch gibt es bestimmt hilfreiche Tipps hierzu :)) – Danke für euren Impuls.

    Antworten
  • 2024-04-22 um 15:10 Uhr
    Permalink

    Danke für die guten Impulse und die wunderbare Inspiration, es „einfach“ anders zu machen!

    Antworten
  • 2024-04-22 um 17:06 Uhr
    Permalink

    Danke für diese vielen Inspirationen!

    Antworten
  • 2024-04-22 um 19:53 Uhr
    Permalink

    Vom Konzept der GeKi habe ich erstmals 2022 durch die damalige Impulsewoche gehört und fand die Idee schon damals sehr spannend. Jetzt habe ich selbst ein Kind (9/2023) und bereits jetzt wird klar, dass wir von unserem familiären Umfeld aus Entfernungsgründen nicht viel Unterstützung im Alltag erwarten können. Ich bin selbst u.a. gelernte Waldorfkindergärtnerin und kann mir selbst in diesem sog. „alternativen“ Rahmen überhaupt nicht vorstellen, mein Kind unter 3 Jahren für viele Stunden in der Woche fremdbetreuen zu lassen. Wie es ab 3 Jahren weitergeht, das wissen wir jetzt noch nicht.
    Daher muss ein Plan B her, denn leider gehören wir zu den vielen Familien, die sich mit einem Gehalt allein nicht gut über Wasser halten könnten…
    Eine GeKi bzw. das berühmte „Dorf“ wäre da in meinen Augen eine wundervolle Lösung! Wir tragen das mal weiter mit uns, bis es hoffentlich irgendwann Früchte trägt…
    Danke auf jeden Fall für all die Impulse, @Sophie und @Helen! :))

    Antworten
  • 2024-04-23 um 07:51 Uhr
    Permalink

    Ich bin sehr interessiert so eine GeKi zu gründen. Für mich, für meine Familie und für Beitrag für andere Mütter, die sich so etwas nicht trauen. Das Buch möchte ich unbedingt lesen :)) bin gespannt. Danke dafür!

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.