Das Kind zeigt die Gebärde für „Blume“
Wie wir zur Babyzeichensprache (BabySignLanguage) kamen
Gastartikel |“Ach nein, ihr Kind ist taub, das tut mir aber leid“. Das habe ich nicht nur einmal gehört, wenn ich meinen Sohn (*2014) ein Getränk anbot oder fragte, ob er von der Schnitte noch mehr haben wollte.
Warum? Weil ich ihn nicht nur verbal fragte, sondern auch meine Hände benutzte und Bewegungen und Zeichen machte. Ja, aber warum das denn wieder, wenn der postnatale Hörtest ohne Befund war? Der Reihe nach: eine Freundin, die durch ihre Expertise (die bestand darin, bereits Mutter zu sein) Ansprechpartnerin für alles war, hatte BSL, also BabySignLanguage mit ihrer Tochter gemacht, man muss schon fast sagen, perfektioniert. Sie erzählte uns davon, wie man Farben und beinahe alle Tiere der Welt durch einfache (naja, so sah es manchmal nicht aus) Zeichen darstellen und sich dadurch das Kind dann selbst schneller erklären und verständlich machen konnte.
Sabrina, so nennen wir die Muse mal, erzählte eine Geschichte, die uns nachhaltig begeisterte. So sehr, dass wir einen Kurs buchten und nun auch diesen Text schreiben. Dominique, so nennen wir die Tochter, saß am Abendbrottisch und zeigte mit ihren kleinen Händen das Symbol für Möhre. (Es ist eine geballte Faust, die am Mund nach unten geführt wird, wie als ob man eben an einer Möhre abbeißen würde; eigentlich so wie Bugs Bunny.) Kein Geschrei, kein Wutanfall, weil man Appetit auf das Gemüse hat, das sonst immer auf dem Tisch lag, und es nicht mit gesprochenen Worten benennen konnte. Die Erwachsenen an der Tafel standen auf, und konnten den Wunsch erfüllen. Friede, Freude, Möhrenkuchen. Es klingt banal, aber es erledigt viele Frustrationen schon bevor sie auftreten können.
Wir besuchten den ersten Zwergensprache Kurs
Ich habe aus unserem ersten Kurs (Zwergensprache – BABYZEICHENSPRACHE für Kinder von 6 bis 24 Monaten) verhältnismäßig viel mitgenommen. Nicht nur die verschiedenen Zeichen, sondern auch das Kennenlernen einer Community, die darauf Wert legt. Nun waren wir damals in einem hippen Stadtteil einer ostdeutschen Großstadt wohnhaft, konnten uns also eigentlich nicht retten vor Angeboten für die bald-werberelevante Zielgruppe und für die gutzahlenden Eltern aus der Architektur- und Anwaltsszene. Aber das Richtige zu finden zwischen Babyschwimmen, Finkid, Fenkid und Kanga mit Manduca war nicht einfach. Aber in diesem Kurs ging ich völlig auf. Zwar waren wir nicht so diszipliniert, dass wir alle Tiere „zeigten“ oder die Liedchen jederzeit trällerten, dafür war zumindest ich, das muss ich zugeben, viel zu abgelenkt von siehe oben, dem Viertel mit seinen sonstigen Angeboten und den vielen Bekannten, die man in den wenigen Monaten Elternzeit mindestens alle ein- bis hundertmal zum Spazierengehen treffen wollte.
Aber das wenige, was wir taten, hatte Erfolg. Unser Sohn sprach sehr früh sehr gut und hat nun mit seinen fast 6 Jahren immer noch einen ausgeprägt großen Wortschatz. Außerdem – aber hier verschwimmen natürlich die Erinnerungen – war vor allem das Verhältnis zur Brust, zum Stillen (ich habe ihn 2 Jahre gestillt) sehr konfliktfrei, da er mit der Hand das Zeichen für Milch machte, und ich wusste, was er wollte. Aktiv haben wir beim Vorlesen Tiere gebärdet, außerdem oft Lebensmittel wie Brot, Milch, Käse, Apfel. Aber auch die Gebärden für „fertig“ und „mehr“ waren häufig in unserem Alltag. Wir zeigten auch immer die Straßenbahn und Familienmitglieder, aber das fanden wir eher verwirrend.