Buchrezension: Heute möchte ich euch die Autorin Sandra Schindler und ihre Kinderbücher vorstellen. Sandra, die ursprünglich als Lektorin und Übersetzerin arbeitete, wechselte die Seite und wurde selbst zur Autorin, nachdem sie, durch ihren eigenen Alltag inspiriert, auf der Suche nach Kinderbüchern war, die das Thema Abstillen behandelten. Sie wurde jedoch nicht fündig und griff kurzerhand selbst zur Tastatur.
2016 erschien ihr erstes Kinderbuch „Der kleine Milchvampir“* und jetzt ganz frisch im Herbst 2017, ihr zweites Buch „Flim Pinguin im Kindergarten“*. Sandra hofft mit ihren Büchern anderen Eltern dabei zu helfen, bestimmte Alltagshürden zu überwinden. Dabei möchte sie das keinesfalls mit erhobenem Zeigefinger tun, sondern ihre pädagogische „Message“ eher dezent und unterhaltsam rüberbringen.
Beide Bücher erschienen im GrünerSinn-Verlag und das ganz bewusst. Der vegane Verlag setzt auf Nachhaltigkeit und achtet bei der Herstellung seiner Bücher auf umweltfreundliche Produktionsweisen und Materialien. Toll! Vielen Dank an dieser Stelle auch für die Rezensionsexemplare.
Auch Sandra selbst ist Veganerin und über ihren Alltag als Öko-Mama und ihre weiteren Projekte könnt ihr auf ihrem Blog mehr erfahren. Sandras alternatives und bedürfnisorientiertes Familenleben wird auch in ihren Büchern sichtbar, was mir als Gleichgesinnte natürlich gut gefällt.
Der kleine Milchvampir
Der kleine Milchvampir ist zum Beispiel zu Hause im Geburtspool geboren, wie auch meine beiden Töchter. Einen Geburtspool habe ich bisher noch in keinem anderen Kinderbuch gesehen. Außerdem kauft die Milchvampir-Famile ihre Lebensmittel und Pflanzenmilch im Bioladen. Sehr sympathisch. 😉
Allerdings, und jetzt kommt mein persönlicher Minuspunkt, ist es im Buch der Vater und Ehemann, der ziemlich plötzlich eines Tages der Meinung ist, der Milchvampir müsse doch jetzt endlich die Finger von der Muttermilch lassen. Ehrlich gesagt: Ich war geschockt. Meine Tochter war irritiert. Und mein Mann weigerte sich, das Buch weiter vorzulesen.
Sicherlich kommt es traurigerweise immer wieder vor, dass sich der Vater gegen Langzeitstillen oder gegen das Stillen überhaupt ausspricht. Doch die Mutter selbst sagt nichts dazu und auch später, als der Vater genervt ausruft: „Oh nein, er dockt schon wieder an!“ schaut sie nur hilflos und lässt den Kleinen trinken.
Das führt für mich insgesamt zu einem negativen Bild vom Stillen. Der Vater ist genervt und die Mutter wird unter Druck gesetzt. Sicherlich ist das beim Abstillen auch häufig Realität, trotzdem wünsche ich es mir für ein Bilderbuch anders.
Der Abstillprozess im Buch läuft dann glücklicherweise so ab, dass der Milchvampir wie seine große Schwester bei Oma und Opa übernachten mag und sich als Konsequenz selbst bewusst wird, dass er dort dann eben auch mal ohne Stillen einschlafen muss, was ihm dann auch gut gelingt.
In einem Nachwort für die Mütter, schreibt die Autorin: „Lass dich von der Gesellschaft nicht unter Druck setzen“ und gibt wertvolle Tipps für ein liebevolles Abstillen.
Die Bilder sind schön gezeichnet, bunt und detailreich. Der Text ist in unterhaltsamer Reimform geschrieben. Die Idee zum Buch finde ich super und bisher einzigartig auf dem deutschen Buchmarkt.
Wenn nur der motzende Vater nicht wäre…
Nachgefragt…
Um seine Reaktion besser zu verstehen, habe ich bei der Autorin, und selbst Langzeitstillmama, nachgefragt:
Sandra, in deinem Buch ist der Vater und Ehemann derjenige, der verärgert zum Abstillen drängt. Wie kam es, dass du dich dafür entschieden hast, ihm diese Rolle zu geben?
Sandra Schindler: Meine Geschichte ist zu 100 % autobiographisch, deshalb ist es der Vater, der diese Rolle einnimmt. Allerdings ist er keineswegs verärgert, sondern er erkennt, dass seine Frau leidet, dass sie am Ende ist mit ihren Kräften. Deshalb versucht er zu helfen, indem er dem Milchvampir andere Alternativen vorstellt, die dem Nachwuchs prinzipiell auch gut gefallen, wenn nicht die Muttermilch so verlockend wäre. Mit anderen Worten: Es ist der Versuch zu helfen, der allerdings überhaupt keine Wirkung hatte, denn es ist das Kind selbst, das, gemeinsam mit der Mutter, den richtigen Zeitpunkt zum Abstillen finden muss.
Warum kam der Impuls nicht von der Mutter des Milchvampirs selbst? Sie wirkt so etwas unbeteiligt und hilflos. Was wolltest du damit ausdrücken?
Sandra Schindler: Der Milchvampir würde, wenn es nach ihm ginge, heute noch gestillt. Er hatte kein Interesse am Abstillen. Aber da zur bedürfnisorientierten Erziehung immer alle Beteiligten gehören, musste er irgendwann lernen, Rücksicht auf die Mutter zu nehmen. Denn die war es eben, die fertig war mit den Nerven, vor allem deswegen, weil der Milchvampir mit zunehmendem Alter und abnehmenden Kleidungsschichten (das passierte tatsächlich im Hochsommer) jeden Tag mehr statt weniger trank. Sie war dauermüde und kaum mehr in der Lage, klar zu denken. Und sie war nicht hilflos, sondern hin- und hergerissen, ob sie jetzt auf ihre Bedürfnisse hören – oder diese lieber hinter die ihres Kindes stellen sollte. Zum Glück hat ihr der Milchvampir die Entscheidung abgenommen.
Vielen Dank für diese erklärenden Worte. Tatsächlich ist die Geschichte nun besser zu verstehen und so kann ich meinen Kindern die Reaktion des Vaters beim nächsten Mal auch erklären, wenn sie fragen, warum er so gegen das Stillen ist.
Meiner Meinung nach fehlt dann jedoch in der Geschichte die erklärende Sichtweise der Mutter. Denn sie erwähnt mit keinem Wort, dass sie eigentlich Abstillen möchte, weil sie nervlich nicht mehr kann. Hier würde ich mir wünschen, dass auch sie über das Warum mit ihrem Sohn sprechen würde und nicht nur der Vater der „Buh-Mann“ ist.
Flim Pinguin im Kindergarten
In dem gerade frisch erschienenen Kinderbuch geht es um eine gelungene Eingewöhnungszeit im Kindergarten. Den kleinen Pinguin Flim, der sich erst vergnügt in das neue Abenteuer stürzt, beschleicht nach ein paar Tagen doch die Angst, die Mama könne nicht wiederkommen, um ihn abzuholen. Doch durch die starke Bindung und den symbolischen „Ball aus Liebe“, den ihm seine Mutter schenkt, gelingt es ihm, die Trennungsangst zu überwinden. Gemeinsam mit dem Pinguinmädchen Marilou, das ebenfalls neu im Kindergarten ist, geht er spielen und freut sich schon kurz darauf jeden Morgen ungeduldig auf seine neuen Freunde.
Auch dieses Buch ist in schöner Reimform geschrieben und die Zeichnungen der Illustratorin Sandra Seiffart sind wirklich goldig.
Und auch hier folgt im Anschluss an das Buch ein Brief an die Eltern, der die Problematik der Eingewöhnung aus persönlicher und pädagogischer Sicht thematisiert und wertvolle Tipps enthält. So werden sowohl Kinder, als auch Eltern verständnisvoll auf ihrem Weg durch die Eingewöhnungszeit begleitet.
Auch wenn Kindergarten bei uns momentan kein Thema (mehr) ist, schaue ich das Buch gerne zusammen mit meinen Kindern an und ihnen gefällt es auch sehr gut.
Weitere Projekte von Sandra Schindler
Ich bin schon sehr gespannt, welches Thema Sandra als nächstes in einem Bilderbuch aufgreifen wird.
Sandra, magst du uns verraten, welche Themen du als nächstes in deinen Bilderbüchern behandeln wirst? Ist schon ein neues in Produktion?
Sandra Schindler: In Produktion ist noch keins. Fertig habe ich aber schon noch einige. Bei den Bilderbüchern in meiner virtuellen Schublade geht es ums Essen, um Ängste, in einem anderen darum, dass die Dinge oft ganz anders sind, als man erwartet. Dann habe ich noch eins mit dem weit verbreiteten Thema, dass man immer das haben möchte, was man nicht hat, eins, in dem Liebe die Hauptrolle spielt, und schließlich noch ein Nicht-Bilderbuch, nämlich einen Kinderkrimi. Abgesehen davon habe ich noch eine Liste mit fast 70 Buchideen – ich bräuchte nur die Zeit, endlich mal wieder zu schreiben. Vielleicht ab Dezember dann. 🙂
In der Zwischenzeit kannst du auf Sandras Website stöbern und findest dort allerhand inspirierende Beiträge.
Über was schreibst du auf deinem Blog?
Sandra Schindler: Über das Leben mit Kindern, oft aus einer etwas anderen Sicht, nämlich meiner alternativen/spirituellen Sicht auf die Welt. Ebenso gibt’s ab und an (vegane) Rezepte, Interviews mit spannenden Menschen (hauptsächlich aus der Buchbranche) – und jetzt ganz neu: Gastbeiträge für mein Projekt #KigastartInternational: Ich sammle Berichte von Eingewöhnungen aus aller Welt, um zu schauen, wie bedürfnisorientiert es dort zugeht – bzw. um das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass es vermutlich in vielen Fällen bedürfnisorientierter gehen könnte, wenn nur alle Beteiligten wollten.
Noch wichtiger als der Blog ist mir mein Newsletter aka VIP-Liste, denn dort gibt es nicht nur Einblicke in mein Leben, die ich sonst nirgendwo gebe, sondern auch immer wieder Hinweise auf alternative/spirituelle/ökologische/vegane Events/Bücher/Artikel/Videos. Zum Einstieg gibt’s eine Liste mit den (für mich) besten 25 Kinderbüchern für alternative Eltern (und ihre Kinder) – und als keinen Bonus ein Interview mit dem Gründer des ökologischen Online-Versands buch7.
Vielen Dank für diesen Einblick in deine Arbeit, Sandra.
Kennst du die rezensierten Kinderbücher von Sandra Schindler bereits? Wenn ja, wie gefallen sie dir? Ich freue mich, in den Kommentaren davon zu lesen.
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Spannend, dass man so auf das Buch reagiert wo der Vater sagt es reicht jetzt mit dem Stillen.
Als Mutter einer behinderten Tochter weiß ich, dass wir Mütter dazu neigen uns bis zum letzten Krümelchen Kraft aufzuopfern und dass der Impuls meist von außen kommen muss um uns mal zu bremsen. Also ist es für mich logisch, dass das jemand aus dem nahen Umfeld tut, Mann, Mutter, beste Freundin. Jemand der dir auch mal sagt „Wow, du siehst richtig schlecht aus!“ das traut sich doch keiner und als Mutter kommt man oft selbst nicht aus seiner Rolle raus, daher denke ich, dass jeder der das schon erlebt hat gar nichts schlimmes an dem Vater findet der sagt es reicht
Liebe Martina, dass man es als selbst betroffene Mutter richtig versteht, mag sein. Allerdings ist das Buch ja in erster Linie für Kinder geschrieben. Und da war meine Tochter zumindest einfach völlig irritiert und hat nicht verstanden, warum der Vater so „böse“ reagiert, da Stillen für sie ja etwas positives ist. Hätte die Mutter vorher selbst irgendwie kommuniziert, dass sie es nervlich nicht mehr schafft, wie gesagt… das fehlt mir einfach. Grüße Sophie
Meine Enkelin hat ganz anders darauf reagiert. Sie hat – als damals betroffenes Langzeit-Stillkind – gar nicht begriffen, dass der Vater das STILLEN verbieten wollte, der kleine Milchvampir soll doch nur die FINGER von der Mamamilch lassen!
„So ein Milchvampir“, sagte sie zu mir, „warum tut er immer die Finger an die Mamabrust? So kann er ja gar nicht richtig trinken?! Ich lass IMMER die Finger von der Mamamilch!“
😀 Super!